Autoren: Dr. Sonja Hogewoning, Christine Mehling

Abhängig von Anwendungs- und Fachgebieten ist der generelle Begriff „Reaktivität“ zum Teil mit einer unterschiedlichen Bedeutung belegt. Im Bereich der hier vorliegenden Fragestellung der Kalkanwendung beschreibt die Branntkalkreaktivität die Umsetzungsgeschwindigkeit des Calciumoxides mit dem Reaktionspartner Wasser im sog. „Löschprozess“. Diese Reaktion verläuft nach der chemischen Gleichung:

CaO + H2O → Ca(OH)2 Δ HR = -65 kJ/mol CaO

Die negative Enthalpie Δ HR besagt, dass die Reaktion unter Energiefreisetzung in Form von Wärme abläuft, ein Aspekt, den nahezu alle Methoden zur Reaktivitätsbestimmung mittels Temperaturmessungen nutzten. Obwohl Reaktionsenthalpien grundsätzlich konstant sind, ist es für die technische Anwendung des Kalklöschprozesses ein großer Unterschied, ob die Reaktion im Bruchteil einer Minute oder über einen längeren Zeitraum mehr oder minder kontinuierlich abläuft. Die Bandbreite dieses Reaktionszeitraumes kann bei technischen Branntkalken zwischen einigen Sekunden und bis zu mehreren Zehnerminuten liegen, wobei die Umsatzgeschwindigkeit von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird, deren Wirkungs- und Einflussmechanismen zum Teil noch nicht abschließend geklärt sind.

Die Kalke werden nach ihrer Reaktivität in Weich-, Mittel- und Hartbrand eingeteilt, wobei dieser Nomenklatur keine präzise Definition zugrunde liegt. Generell bezeichnet man schnell reagierenden Kalk bis etwa 2 Minuten Reaktionsdauer als Weichbrand und Kalke mit langsamer ablaufenden Löschreaktionen als Mittel- (bis ca. 6 min) bzw. Hartbrand (> 6 min).